Kurzreise durch Klangwelten in Beichlingen

Ins rechte Licht gerückt und wie ein Leuchtturm in der Ferne angestrahlt, erwartete am späten Samstagabend die Altenbeichlinger Kirche ihre Besucher.

Kantor im Ruhestand Gottfried Steffen spielte die Orgel in der Schlosskirche Beichlingen. Foto: Armin Burghardt
Kantor im Ruhestand Gottfried Steffen spielte die Orgel in der Schlosskirche Beichlingen. Foto: Armin Burghardt

Beichlingen. Pfarrerin Gerlinde Breithaupt begrüßte die Konzertbesucher und freute sich über deren große Anzahl: „Das Dach von St. Bonifatius ist nun dicht, wir sitzen im Trockenen, während es draußen stürmt.“ Für den Kirchenältesten Karl-Heinz Stöpel ist die Orgelnacht inzwischen ein „Selbstläufer“: „Da brauchen wir gar nicht viel Werbung zu machen. Die Leute kommen von weither.“

Besondere Neugier weckte diesmal die Ankündigung des romantischen Sommernachtskonzertes mit dem Akkordeon-Orchester der Musikschule Fröhlich, den „Bernhard.t.inern“. Die 18 jungen Musiker aus dem Großraum Leipzig im und vor dem Chorraum unterzubringen, war kein leichtes Unterfangen. Nach dem Einmarsch der Musiker merkte Orchester-Leiterin Eva Bernhardt bei der Begrüßung an, dass man sich räumlich einschränken müsse. Das tat der Qualität der Darbietungen aber keinen Abbruch.

Neue Klangerlebnisse durch Akkordeons
Musikstücke, die große Komponisten ursprünglich für Streichorchester geschrieben haben, erhielten durch die Akkordeons in ihrer Dichte völlig neue Klangnuancen. Ob Händels Feuerwerksmusik, Pachelbels Kanon oder Chopins Ungarischer Tanz, das Publikum sparte nicht mit Beifall und war begeistert. Ein Potpourri moderner Stücke brachte die Besucher der Orgelnacht voll-ends aus dem Häuschen. Als Dank des Orchesters wurde zum Konzertende das Publikum beim Ausmarsch musikalisch begleitet und kurz vor 23 Uhr in die Nacht verabschiedet.

Der Dank gehört auch dem langjährigen Organisator der Orgelnächte, Kantor im Ruhestand Gottfried Steffen. Er hatte mit seinem Spiel der wertvollen Röver-Orgel zum Gelingen des Abends beigetragen. Die Orgel wurde 1898 von Ernst Röver aus Hausneindorf gebaut und verfügt auf zwei Manualen und Pedal über 18 Register. Sie ist die eigentliche Königin der Orgelnächte.

Dem Höhepunkt der diesmal also besonderen „Orgelnacht“ vorangestellt waren erneut zwei sogenannte Wandelkonzerte.

Das erste davon sah Gottfried Steffen selbst am Nachmittag an der Orgel der Beichlinger Schlosskirche. Werke von Johann Pachelbel, Dietrich Buxtehude, Josef Ferdinand Seger, anonymer Komponisten und von Johann Sebastian Bach spielte er – vor leider kleinem Kreis. Die Zuhörer wurden dafür besonders belohnt. „Ich habe das noch nie getan, aber heute mache ich‘s“, sagte Gottfried Steffen und spielte das bekannteste Bach-Orgelwerk: Toccata und Fuge in d-Moll. Steffen: „Auch wenn umstritten ist, dass es der Meister wirklich selbst komponiert hat.“

Das zweite Wandelkonzert, am frühen Abend, war eine musikalische Vesper in der Beichlinger Aegidienkirche mit geistlichen Duetten. Die in der Region bekannten Sängerinnen Christina Fricke und Jessica Kirchner, Musikschüler Paul Stadelmann am Saxophon und die Beichlingerin Sigrid Edling mit einer Lesung aus den Klageliedern Jeremias bestritten abwechselnd das Programm. Über 20 Zuhörern lauschten auf den Kirchenbänken und spendeten den Akteuren Beifall. Damit zeigten sich die Veranstalter sehr zufrieden. Ein Teil der Besucher wandelte weiter nach Altenbeichlingen, wo ein Imbiss sie erwartete.

Man hätte also getrost – die Vernissage zur Ausstellung im Hohen Haus des Schlosses eingerechnet – vom Nachmittag bis in die Nacht verweilen können.

– Ina Renke / 27.07.15 / TA –


Quelle: Thüringer Allgemeine (27. Juli 2015)